Neurogenes Zittern

Zulassen um Loszulassen

Neurogenes Zittern. Was ist das überhaupt?

Wenn Gefahr droht reagieren Säugetiere mit den Strategien Flucht, Kampf oder Starre (fight, flight, or freeze). Letztere bedeutet bei unserer vierbeinigen Verwandtschaft, dass man danach am Tier ein intensives Zittern beobachten kann: die Energie aus dem Moment der Gefahr ist noch gespeichert und darf sich auf diesem Weg verabschieden. In einigen Kulturen wird diese Fähigkeit des Körpers seit Jahrhunderten auch im Rahmen von Ritualen angewendet. 

Das Zittern ist prinzipiell also ein natürlicher Reflex des Körpers sich von Anspannung zu befreien. Bei Kindern kann man diesen Reflex noch beobachten und in Schockmomenten ist er auch sichtbar, aber wir leben in einer Gesellschaft, die den Körper kontrolliert und auf "Funktionieren" reduziert. Das Zittern wird nicht als ein natürlicher Heilungsprozess verstanden, sondern als unheimliche Reaktion, die nicht zugelassen werden darf, auch wenn das bedeutet, dass gesundheitliche Probleme die Folgen sein können.  

Aktuelle Studien zum neurogenen Zittern zeigen, dass es zur Reduktion von Schlafproblemen, chronischen Schmerzen und Verdauungsproblemen kommen kann, sowie Müdigkeit und Erschöpfung zurückgehen. Auch ist es möglich, dass Ereignisse, die bereits therapeutisch durchgesprochen/behandelt wurden und auf körperlicher Ebene noch zu spüren sind/festgehalten werden, durch das Zittern gehen können. 


Die von mir praktizierte Variante des neurogenen Zitterns: TRE (Tension and Trauma Release Exercises) 

wurde von Dr. David Berceli entwickelt, der sich als Traumatherapeut jahrzehntelang mit den Auswirkungen von Stress und Trauma beschäftigte. Durch das Arbeiten mit Menschen in Krisengebieten entdeckte er, dass während einschneidender Erlebnisse Menschen jeglicher Kulturen die gleiche Körperhaltung einnehmen und die gleichen Muskeln kontrahieren. Ein zentraler Muskel in diesem Kontext ist der Psoasmuskel, welcher die Lendenwirbelsäule mit dem Oberschenkel über das Becken verlaufend verbindet und bei Kontraktion eine fetale Haltung zum Schutz der Bauchorgane herstellt. 

Aufbauend auf dieser Erkenntnis entwickelte er eine Serie von sechs aufeinanderfolgenden Übungen, die gezielt Körperregionen dehnen und aktivieren, um so Verspannungen zu lösen. Letztere sind oft im Körper gespeicherte, belastende, oder intensive Erlebnisse, die ihre Spuren hinterlassen haben und zu denen nun der Zugang fehlt, da durch Gespräch und Kognition diese schwer bis gar nicht erreichbar sind. Die Dehnungsübungen sind wie Assistenten, die den Körper vorbereiten um durch eine freundlich, beobachtende Haltung nun kontrolliert loslassen zu können.  


Selbstregulation und Hilfe zur Selbsthilfe

sind zwei wesentliche Ziele dieser Variante des neurogenen Zitterns. Das eigene System wird von Anspannungen, die zu Verspannungen/Krankheiten führen können, befreit und durch die einfache Durchführbarkeit kann die Methode auch alleine zuhause oder wo auch immer in den Alltag integriert werden. Der Prozess kann beim kleinsten Gefühl des Unwohlseins gestoppt und unterbrochen werden. Durch die Balance von Kontakt und Kontrolle ist die eigene Kraft spürbar und die natürliche Verbindung zu den Reaktionen des eigenen Körpers wieder möglich. 


TRE grafisch erklärt: